VERSION I
Die ist die allerschlaueste Prinzessin auf der Welt. Die ist
so schlau, so schlau ... wie ... na ja ... fast so schlau wie
ich.
Na - und alle diese Prinzen waren da natürlich viel zu
blöd für sie, denn einen blöden Prinzen wollte sie nicht
heiraten. Ist doch klar oder?
Na, dann hat sie eben eine Zeitungsannongse in die
Zeitung getan, dass sie einen schlauen Prinzen zum
Heiraten sucht. Fffft. Einfach so.
Aber es kamen doch nur lauter blöde Prinzen. Mann, die
waren so blöd, wie ...wie ... na ungefähr sooo blöd.
(zeigt es in Metern, betrachtet dann die Distanz)
Nein, ich glaube die waren sogar noch blöder, Mann,
Mann, Mann, Mann.
Dann kam doch ein Schlauer.
Ach so ja. Aber der war gar kein Prinz. Das war nur ein
hübscher Junge mit langen Haaren, der eben schlau war.
Der war so schlau, stell' dir vor, der wollte die schlaue
Prinzessin gar nicht heiraten. Der hatte nur so gehört,
dass sie schlau wäre, und da wollte er sich mit ihr ein
bisschen schlau unterhalten. Schlau, nicht wahr.
Bum - verliebt natürlich! -Verlobt, verheiratet! Glocken
in den Ohren! Äpfel auf den Augen! Bonbons in der
Nase!
Und so gingen die beiden zum Schloss. Natürlich ging
die Krähe nicht, sondern sie flog...
Das Prinzenpaar hörte ihr aufmerksam und
freundlich zu. Sie mochten die kleine Anna und wollten
ihr bei ihrer Suche behilflich sein. So schenkten sie ihr
für ihre Reise eine goldene Kutsche. Dazu schenkten sie
ihr einen Pelzmantel, Handschuhe und Pelzstiefel.
In fliegendem Galopp fuhr sie über die Straßen und Felder
des Königreiches, immer weiter, bis sie in einen großen
Wald kam.
VERSION II
Es kam ein Junge auf einem Schlitten
gefahren, hielt vor dem Schloss an und die Prinzessin, die schon
lange einen Freund suchte, freute sich über den Besuch und ließ
den Jungen nicht mehr fort. Seitdem lebt der Junge im Schloss und
die beiden sind ein Herz und eine Seele.
Sie liefen zum Schloss und die Krähe rief ihre Freundin. Die Hofkrähe kannte eine kleine
Hintertreppe, die zum Schlafgemach der Prinzessin und ihres Freundes führt und sie
schlichen hinein. Dort standen zwei Betten, von denen jedes wie eine Lilie aussah; die eine
war weiß, in der lag die Prinzessin; die andere war rot, und der
Junge in dem Bett war jung und hübsch. Und aus dem weißen Lilienblatt
blinzelte die Prinzessin hervor und fragte, wer da sei.
VERSION III
In diesem Land wohnt eine außerordentlich kluge Prinzessin. Und wie sie eines Tages auf dem Thron saß, dachte sie: „Warum soll ich mich eigentlich nicht verheiraten? Aber ich will nur den heiraten, der auch klug mit mir reden kann„. Nun kamen viele junge Männer. Wenn sie aber vor der Prinzessin standen, brachten sie kein Wort mehr heraus, als das letzte, das sie zu-vor gesprochen hatten.
Am dritten Tage kam eine kleine Person mit schönen langen Haaren und glänzenden Augen ...
Er konnte als einziger mit der Prinzessin reden und hat sie zur Frau bekommen.
VERSION IV (PERSIFLAGE, ERINNERT AN GoT)
König Balduin..........................................
Königin Walburga....................................
Feldmarschall...........................................
(Er) ist der König des Königreiches mit meiner
Frau als Hofdame!
Die Prinzessin, als sie noch Prinzessin war und nicht
Königin, hatte sich viel Zeit gelassen bei der Suche nach einem Gemahl.
Eigentlich wollte sie ja mich heiraten, was ihr selbstverständlich niemand
verdenken konnte, denn sie liebt bis zum heutigen Tage nur mich. Doch man riet
ihr ab, ein Rabe von meinem Format sei zu gescheit für die Regierungsgeschäfte,
man brauche jemanden, der schnelle, skrupellose Entscheidungen treffen könne,
ohne viel nachzudenken. Außerdem befinde ich mich bedauerlicherweise bereits
im Stande der Ehe. Schließlich sagte die Königin: Wer mich heiraten will, muss
furchtbar gescheit sein, denn nur wer gescheit ist, kann die Regierungsgeschäfte
führen und schnelle, skrupellose Entscheidungen treffen. Und sie ließ durch
Herolde überall verkünden, dass heiratsfähige Männer aufs Schloss kommen
könnten, um von ihr auf Gescheitheit geprüft zu werden. Doch ihre Fragen waren
so schwer, dass niemand sie richtig beantworten konnte. Sie fragte - was ist zwei
und zwei?
Und eins und zwei?
Stimmt nicht, aber gut, du willst ja auch kein Reich regieren ... (bedrohlich) Die
Fragen der Prinzessin wurden jedoch immer schwerer. Sie fragte, äh, was ist drei
und eins?
Minus eins, sagt sie, minus eins, das ist eine Rechenaufgabe, aber keine
Lösung, du Dummerchen. Nein, zwei weniger drei kann man nicht machen, das
gehört sich nicht, das ist schweinisch! Was ist zwei
weniger drei? Wie jetzt?!
Dann kam der heutige König, ein Riese an Gescheitheit. Er ließ
sich nicht aus der Ruhe bringen und beantwortete alle Fragen eiskalt richtig.
Feldmarschall: Wir haben nämlich ein Problem. Seine Exzellenz König Balduin nebst Gemahlin
Walburga werden seit geraumer Zeit von einer ausartenden Langeweile geplagt.
Alles begann vor nunmehr genau 161 Tagen. Da sprach unser
hochherrschaftlicher Gebieter: „Ich habe das Regieren satt. Ich will Unterhaltung
und zwar gefälligst gute Unterhaltung, habt ihr mich verstanden? Sofort wurden
aus aller Herren Länder Musiker- und Gauklergruppen eingeladen. Das
königliche Paar war überaus glücklich, manche Gruppe gastierte gar für einen
Monat hier und musste ihre Darbietung wieder und wieder zum besten geben.
Doch ganz allmählich wurden unsere Gebieter aller Vorführungen mehr und mehr
überdrüssig. Sie schrien nach besseren Komödianten, nach vollkommeneren
Musikern. Bald konnte niemand mehr ihren Forderungen gerecht werden. Ganze
Kompanien ließ Balduin durch die Wachen aus dem Schloss werfen. Die
verantwortlichen Diener und Ordonnanzen wurden entlassen oder - naja, ich
erspare euch die Geschichte des Truchsess! Aber eins glaubt mir, es wird böse
enden, denn mehr und mehr vernachlässigt der König ob seiner Launen die
Regierungsgeschäfte. Schon schreit das Volk auf den Straßen danach, den
Herrscher zu stürzen, auf dass er das Brot, das er frisst, wieder selber verdienen
müsse und so sicherlich keine Langeweile mehr habe. Doch die beiden dort
hinten, die haben keinen Blick mehr für das aufziehende Gewitter ...
König: Ich will ein anderes Programm!
Königin: Er langweilt uns! Werft ihn hinaus!
Feldmarschall: So geht das unentwegt: (imitierend) Ich will ein anderes Programm, ich will ein
anderes Programm. Selbst mich ödet sein Gemaule schon an, obwohl ich aus
meinem militärischen Alltag einiges an Ödheit gewohnt bin! Und ohne Soldaten
wird es nicht mehr lange gehen. Denn schon zieht finsteres Gesindel ins Reich.
(zeigt auf ein paar zerlumpte, schwerbewaffnete Gestalten, die eintreten, ein wenig
herumziehen, das Publikum kritisch beäugen und wieder abgehen)
Eine Kleine: (aus deren Reihen) Nieder mit König Balduin!
Silberwalli: Halt dein Schandmaul, merkst du denn nicht, dass der Feldmarschall uns
beobachtet?
Feldmarschall: Sie sind wie die Geier, sie spüren, dass hier bald ein fettes Schwein geschlachtet
wird und erhoffen sich Gewinn davon. Schnell hier und da mal etwas stehlen,
brandschatzen, das Tier rauslassen, die Anarchie erlaubt das. Aber seht Euch vor,
Ihr Rabauken, ihr sollt keinen Heller absahnen, solange ich der Feldmarschall
bin!
König: Ich will ein anderes Programm! He Feldmarschall, wie lange soll ich mir diesen
Hanswurst noch ansehen? Immer wieder dasselbe, zieht Tauben aus dem Ärmel,
die ihm sogleich auf den Zylinder scheißen, ich hab's satt!
Die Schneekönigin, von Michael Mende, Seite 23 von 42
2. Szene
Feldmarschall: Ich auch, euer Durchlaucht, ich auch!
König: Dann schmeiß er ihn raus, statt Selbstgespräche zu führen, sonst schmeiß ich sie
beide hinaus!
Feldmarschall: (zum Zauberer, indem er ihm einige Münzen gibt) Lasst es gut sein, ihr habt eure
Arbeit anständig gemacht und uns große Freude bereitet. (Zum König)
Ehrwürdiger König, ich meine untertänigst, dass ihr für heute genug der
Unterhaltung hattet, es ist bereits recht spät. Ihr solltet nun, erlaubt mir diesen
Rat, eine königliche Nachtruhe abhalten!
König: Er hat mir nicht zu bestimmen, wann ich schlafe! Er nicht! (überaus laut) Ein
neues Programm wollen wir haben!
Feldmarschall: (hinaus) Haben wir noch etwas in petto? Was? Die Zaubertruhe, ja, die ist sehr
gut, herein damit, schnell!
(Diener mit Radiogerät herein)
Feldmarschall: Walburga, großmütige Königin, König Balduin, weiser Imperator. Durch
unzählige Reiche, durch räuberbelagerte Täler, fliegenschwangere Sümpfe und
über schneebedeckte Berge mussten meine Soldaten ziehen, um diese kleine
Zaubertruhe für euch herbeizuschaffen. Wir hörten von ihrer Existenz durch
einen alten Trunkenbold unten im Ratskeller. Obgleich Zweifel an der Wahrheit
seiner Ausführungen geraten schienen, schickte ich die zuverlässigsten Söldner
los, denn um eurer Unterhaltung zu genügen, ist uns natürlich kein Weg zu weit.
König: Oh dieses unentwegte monotone Gefasel, ich will Unterhaltung, keine
Märchenstunde!
Feldmarschall: Nun gut, diese Truhe verfügt über außerordentliche Kräfte. Sie ist in der Lage,
dasselbe zu tun, was sonst nur ein großes Orchester zu tun imstande wäre.
(König und Königin richten sich auf, interessiert.)
König: Wie das?
Feldmarschall: Seht, hier an dieser Stelle befindet sich ein klitzekleiner, unscheinbarer Knopf;
bewegt man ihn, nimmt das Wunder seinen Lauf!
(Der Feldmarschall schaltet das Gerät ein, Musik erklingt, König und Königin kugeln
sich vor Lachen)
König: Ach, was ist das drollig!
Königin: Ich möchte es haben, bitte gebt es mir, Feldmarschall, das ist so süß!
(König und Königin tanzen, sie hält das Gerät dabei hoch in die Luft, nach kurzer Zeit
fallen sie ermüdet ins Bett, die Königin schaltet noch mehrmals an und aus)
König: Ach, was war das schön, wann haben wir uns das letzte Mal so amüsiert?
Königin: Nicht wahr, Baldu, all die Langeweile wie weggefegt. Aber sagt, Feldmarschall,
wie funktioniert das?
Feldmarschall: Ich weiß es nicht, sehr wahrscheinlich handelt es sich um Zwerge.
Die Schneekönigin, von Michael Mende, Seite 24 von 42
König: Zwerge, lass sehen! (versucht in das Gerät zu spähen) Kommt raus, ihr Kerle! Ich
will mich bedanken! - Sie kommen nicht, ganz schön überheblich diese
Winzlinge! Die meinen wohl, sie wären's!
Königin: (abgekühlt) Was kann die Truhe noch?
Feldmarschall: Aber das ist doch schon sehr viel.
Königin: Hatten wir nicht gerade neulich ein Zwergenorchester?
König: Hatten wir, Liebste, hatten wir! Nur waren die seinerzeit offensichtlich größer.
Königin: Ja, und verstecken mussten sie sich ebenfalls nicht, die hatten das nicht nötig, -
ein ziemlich billiger Trick, nicht wahr Baldu?
König: Eigentlich nichts Außergewöhnliches.
Feldmarschall: Aber Walburga, teure Herrscherin, so wartet mit eurem Urteil, ihr müsst den
zweiten Knopf bedienen!
Königin: Den hier?
Feldmarschall: Ja!
Königin: Und was passiert dann? (Dreht am Sender, wirft das Gerät aus dem Bett) Igitt, das
klingt ja furchtbar!
Feldmarschall: (nimmt es auf) Ich bitte euch, ihr zerstört es!
Königin: Ach was, die werden sich erholen, Zwerge halten so etwas aus.
Feldmarschall: (Wieder Musik) Hier, bitte!
Königin: Feldmarschall, was soll das, ihr langweilt uns, das kann doch jedes Orchester.
König: Ich will ein anderes Programm!
Feldmarschall: Wenn die ehrwürdigen Herrschaften noch immer unzufrieden sind, tut es mir
unterwürfigst leid, aber wir haben nichts mehr! Für heute ist Schluss, aus,
Feierabend!
Königin: Sein Ton missfällt mir, Baldu.
König: Ihr seid dreist, was fällt euch ein, in diesem Ton mit uns zu sprechen? Nun gut,
Liebste, dann lass uns eben schlafen. Morgen aber, lieber Feldmarschall, morgen
solltet ihr euch endlich ein wirklich gefälliges Programm ausdenken, das unsere
Langeweile vertreibt; noch meinen wir es gut mit euch!
Königin: Verschwindet jetzt, wir wollen den königlichen Schlaf abhalten, oder wollt ihr
uns etwa beiwohnen? (lacht, Feldmarschall ab) Er ist mir unsympathisch, dieser
Mensch. Ach, was ist das Leben langweilig!
König: Vielleicht träumen wir ja wenigstens etwas Unterhaltsames!
Königin: Ja, vielleicht.
Schon gut, schon gut, Kind. Vermutlich wolltest du einen anderen König
ermorden, hast dich aber im Königreich geirrt. Das kann bei vielbeschäftigten
Mördern durchaus passieren.
VERSION V: PUCCINI
Turandot: sehr schön und klug, selbstherrlich, „Vater-Tochter“, emanzipiert, benötigt
ebenbürtigen Mann - derjenige, der das Rätsel zu lösen vermag.
VERSION VI:
In diesem Königreich wohnt eine kleine Prinzessin, die ist ganz liebenswürdig und vor nicht allzu langer Zeit kam ein Junge auf einem Schlitten durch das Königreich gefahren, hielt vor dem Schloss an und die kleine Prinzessin, die schon lange einen Freund suchte, freute sich über den Besuch und ließ den Jungen nicht mehr fort. Seitdem lebt der Junge im Schloss und die beiden sind ein Herz und eine Seele.
Nun waren sie auf der Treppe, und als sie durch viele Flure und über viele Treppen gelaufen waren, gelangten sie in das Schlafgemach. Dort standen zwei Betten, von denen jedes wie eine Lilie aussah; die eine war weiß, in der lag die Prinzessin; die andere war rot, und in dieser schlief ihr Bräutigam, jung und hübsch war er. Und aus dem weißen Lilienblatt blinzelte die Prinzessin hervor und fragte, wer da sei.
VERSION VII (MODERN, ASIATISCH)
Der Ehemann der
frisch verheirateten Tochter eines
reichen Politikerpaares...
Die Tochter des reichen Paares
soll dem Charakter von Andersens
Prinzessin entsprechen. Sie ist eine
junge, emanzipierte Frau, die klare
Ziele im Leben hat und sich trotz
arrangierter Ehe der Eltern in der
Zukunft nicht als Hausfrau sieht.
Ihre Entschlossenheit zeigt sich in
ihrer aufrechten Haltung und den
in die Hüften gestemmten Armen.
Ihre Kleidung ist schick, wirkt aber
immer noch jung und modern.
Um sich ein eigenständiges Leben
zu ermöglichen, ist die Tochter
besonders anspruchsvoll bei der
Wahl ihres Mannes, bei welcher
sie ein Wort mitzureden hat.
Der Auserwählte ist schließlich
ein unauffälliger, aber aufrichtiger
und verlässlicher junger Mann, der
auch gewillt ist, seiner Zukünftigen
die gewünschten Freiheiten zu
gewähren.
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