jueves, 12 de julio de 2018

wilde und andersen---Kathrin Schauer

------------------wilde und andersen--------------Kathrin Schauer


3.3.4. Das Gebet
Das Gebet nimmt einen wichtigen Platz in einigen Märchen beider Autoren (Andersen und Wilde) ein. Das Vergessen auf das Gebet, wie es Karen in „Die roten Schuhe“ und Kai in „Die Schneekönigin“ bei Andersen passiert, zieht Konsequenzen nach sich und nur ein Gebet kann sie retten. Karen denkt während ihrer Konfirmation nur an die roten Schuhe und während eines Kirchgangs vergisst sie wegen ihrer Schuhe das Vaterunser zu beten. Als Kai der Schneekönigin begegnet will er ebenfalls das Vaterunser beten, kann sich aber nur – in einer rationalen Vernunftswelt verloren – an das große Einmaleins erinnern. Karen kann sich selbst helfen, erfährt jedoch erst Vergebung, nachdem sie wahre Einsicht gezeigt hat, sie für sich alleine betet ohne sich anderen in der Kirche zeigen zu müssen.
(Canterville) Auch seine Seele findet keinen Frieden. Einst aus Eifersucht zum Mörder geworden, muss er als Geist in seinem früheren Schluss herum spuken. Nur ein unschuldiges Mädchen, das um ihn weint und für ihn betet und ihn zu wahrer Reue bewegt, kann ihn befreien. Kai kann sich ebenfalls nicht selbst retten. Zu sehr steht er im Bann der Schneekönigin. Es ist Gerda, die nach ihm sucht und ein kurzes Gebet für ihn spricht, das lautet: „Roserne vokser i Dale, der får vi Barn Jesus i Tale“. Dabei handelt es sich um zwei Zeilen des dänischen Kirchenliedes Den yndigste Rose er funden (1732, Die anmutigste Rose ist gefunden) des pietistischen Dichterpfarrers Hans Adolph Brorson aus dem 18. Jahrhundert. Diese zwei Zeilen des Liedes verwendet Andersen häufig in „Die Schneekönigin“. Es begleitet die Kinder von Beginn an und wird Teil ihres inneren Wandels.
Gerdas Liebe erlöst Kai von der Schneekönigin, immer begleitet von dem zweizeiligen Gebet gehen sie den Weg von der kindlichen Unschuld zur wahren Erkenntnis.

3.3.7. Glaube oder Wissenschaft
Glaube und Wissenschaft sind nur selten in Einklang zu bringen. Die (Natur-) Wissenschaft ist etwas Greifbares und Logisches. Im Gegensatz dazu kann man den Glauben weder sehen noch fühlen und selten verstehen. Man muss darauf vertrauen. Wer dieses Vertrauen nicht in Frage stellt, kann zur höheren Erkenntnis gelangen und die göttliche Liebe erfahren.
In „Die Schneekönigin“ kann Kai die Schönheit der Natur nicht mehr wahrnehmen, nachdem er eine Spiegelscherbe, von dem Spiegel den einst der Koboldkönig (oder der Rektor der Zauberschule, oder Satan selbst) geschaffen hat, ins Auge und eine ins Herz bekommen hat. Die Spiegelscherben bewirken, dass Kay alles verzerrt wahrnimmt und das Schöne und Gute nicht mehr erkennen kann. Sein Interesse gilt nur mehr den geometrischen Formen der Schneeflocken. Anstatt an sein Gebet, denkt er nur an die Mathematik. Wildes Student kennt nur seine (Lehr-)Bücher. Er beschränkt sich nur auf die Wissenschaft und erweitert seinen Horizont nicht darüber hinaus. Kai kann nicht anders als sich mit Logik zu beschäftigen, der Student versucht nicht einmal, sein Wissen über die Wissenschaft hinaus zu erweitern. Die Nachtigall ist das Gegenstück zum Studenten. Sie verkörpert die Liebe und das absolute Vertrauen. Gerda ist Kais Nachtigall. Ihre unerschütterliche Liebe und ihr Vertrauen, Kay finden und retten zu können, helfen ihr bei der Suche. Der Student ist unfähig das Lied der Nachtigall zu verstehen, da er im Grunde kein Verständnis von Liebe und Vertrauen hat, da diese keiner Logik folgen er aber nur dieser mächtig ist. Seine Liebe zur Professorentochter wird enttäuscht und er schwört der Liebe ab. Für ihn gibt es nur noch die Wissenschaft und seine Lehr-Bücher. So wird er die wahre Liebe nie erfahren. Die Nachtigall ist für ihre Überzeugung gestorben. Sie hat nie ihren Glauben verloren und die göttliche Liebe gelebt und erlebt. Kai muss für die Schneekönigin das Wort Ewigkeit zusammenfügen, aber kein Teil passt ins andere. Dies ist nicht mit Logik zu schaffen. Gerdas Liebe, die die Spiegelscherben zum Schmelzen bringt, und Kais und ihre Freude über die Wiedervereinigung, formen das Wort Ewigkeit. Kai ist gerettet, hat er doch im Gegensatz zum Studenten zum Glauben gefunden.
Doch auch bei Andersen und Wilde gibt es die bedingungslose Liebe. Denn alleine die bedingungslose, aber vor allem selbstlose Liebe lässt die kleine Gerda alle Hindernisse überwinden, um ihren Kai vor der Schneekönigin zu retten. Genau von dieser Liebe singt die heillos romantische Nachtigall in Wildes „The Nightingale and the Rose“. Die Nachtigall ist eine wahre Romantikerin, die an die Liebe als Ideal glaubt: „Surely love is a wonderful thing. It is more precious than emeralds […] nor can it be weighed out in the balance for gold.“ Für sie ist der Student ein wahrhaft Liebender, für dessen Glück sich der Tod lohnt. Doch anders als Gerda wird der Student diesem Ideal nicht gerecht und auch seine Auserwählte hat zu keiner Zeit diesem Ideal entsprochen. Die einzige Bedingung, die die Nachtigall an den Studenten stellt, ist ewig an seiner Liebe festzuhalten, allen voran sie in alle Ewigkeit zu Ehren und wie sie jedes Opfer dafür zu bringen. Denn in den Augen der Nachtigall ist die Liebe stärker als Philosophie oder Wissenschaft. Dass der Student sich wieder der Wissenschaft widmet, macht den Tod der Nachtigall, dem Symbol für wahre und bedingungslose Liebe, noch tragischer.

3.5. Das Spiegelmotiv
Der Spiegel ist ein zweideutiges Motiv. Zum einen steht er als Symbol für die Eitelkeit, zum anderen für Selbsterkenntnis, Klugheit und Wahrheit. Andersen und Wilde greifen diese Symbolik mehrfach in ihren Märchen auf.
In „Die Schneekönigin“ erzählt Andersen von einem Spiegel, den der Koboldkönig/Satan selbst gefertigt hat. Dieser verzerrt die Wahrheit und zeigt dem, der hineinblickt, nur das Schlechte und Hässliche. Mit den Träumen des jungen Königs verhält es sich ähnlich. Zwar hat sie nicht der Koboldkönig gemacht, aber sie führen dem König die negativen Seiten der schönen Dinge vor Augen, die er so liebt. Jedes noch so schöne und edle Gewand und jeder noch so schimmernde Edelstein verlieren an Glanz und Wert, wenn Blut und Tod an ihm haften und jeder König, der dies zulässt, ist für sein Amt unwürdig. Diese Wahrheit muss der junge König lernen, als er in den Spiegel blickt.

3.6.2. Der sprechende Blumengarten
Ganz anders verhält es sich mit den Blumendarstellungen in „Die Schneekönigin“ und „The Birthday of the Infanta“. Hier dient der sprechende Blumengarten vor allem als Füllelement und zur Verzögerung der Handlung. In beiden Märchen haben die Blumen die Fähigkeit zu sprechen. Die erste Station bei ihrer Suche nach Kai führt Gerda in den Blumengarten einer alten Frau. Jede einzelne Blume dort erzählt eine Geschichte aber keine kann Gerda bei der Suche nach Kai helfen. Die Blumen hören nicht zu und reden an Gerda vorbei. Sie halten sie auf und vertrödeln ihre Zeit.
Die Blumenszene nimmt ebenfalls einen sehr großen Platz im Wildes Märchen ein, ähnlich wie in Andersens „Snedronningen“ (1845, Die Schneekönigin). Anders als bei Andersen bringen sie die Handlung aber weiter bei Wilde, indem sie den Hauptcharacter über den Irrglauben seines Selbstbildes aufklären. Bei Andersen geben die Blumen im Abschnitt „Der Blumengarten der Frau die zaubern konnte“ keine Antworten. Sie erzählen nur Geschichten, die Gerda aufhalten sollen, sie aber nicht weiterbringen. Auch Andersen schmückt seine Märchen mit kunstvollen Beschreibungen aus, er übertreibt es jedoch kaum so wie Wilde. Die Märchen, die Kunst und Natur zum Thema haben, sind trotzdem noch in einfacher Sprache gehalten und wirken keineswegs überladen. Einzig ein paar Märchen, in denen er Stoff aus der Volkstradition bearbeitet, schmückt Andersen durch Beschreibungen und Wiederholungen so stark aus, dass sie in einzelnen Textpassagen regelrecht überladen sind.

3.11.1. Interaktion Mensch, Tier, Gegenstand
Sprechende Tiere, Pflanzen und Gegenstände treten im Märchen häufig in Erscheinung. In „Die Schneekönigin“ findet man sprechende Blumen.

3.11.4. Wanderschaft
In der Volkstradition zieht der Held aus, um Abenteuer zu erleben, daran zu wachsen und am Ende reifer zu sein. Bei Andersen und Wilde ist dies oft eine Reise zur Selbsterkenntnis. Gerda macht sich in „Die Schneekönigin“ auf die Suche nach Kai...

4. Konklusion
Aber auch der Student aus Wildes „The Nightingale and the Rose“ wird von seiner Angebeteten verschmäht, gibt aber wie der Kreisel, der Schmetterling oder der Halskragen aus Andersens Märchen „Flipperne“ (1848, Der Halskragen) die Liebe auf und widmet sich wieder anderen Zersträuungen, wie seine Lehr-Bücher, ohne jemals die wahre alles aufopfernde Liebe kennengelernt zu haben, für die Wildes Nachtigall stirbt und für die Andersens Gerda im Märchen „Snedronningen“ (1845, Die Schneekönigin) alle Hindernisse auf der Suche nach Kai überwindet.  Während bei Wilde das Ideal der Liebe mit der Nachtigall stirbt und in „The Remarkable Rocket“ (1888) die Dichter für den Tod der Liebe und der Romantik verantwortlich gemacht werden, überwindet die Liebe in Andersens „Die Schneekönigin“ alle Hindernisse.

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